Offener Brief an Markus Söder

Wir setzten uns für einen konfliktfreien Umgang von Menschen unterschiedlicher Herkunft in unserer Heimat ein. Bei seinem Besuch in Schrobenhausen übergab Herwig Laabs,  Ministerpräsident Markus Söder diesen Brief, den unser Verein als Unterstützer unterzeichnet:

Deutschland und Europa dürfen ihre
gemeinsamen Werte nicht aufgeben

 

Menschenrechte für alle!

Mit brennender Sorge haben wir von den Plänen der EU vernommen, das Mittelmeer von verstärkten FRONTEX – Einheiten als Fluchtweg „dicht zu machen“ und die Seenotrettung zu verhindern.

Welchen Auftrag haben diese Einheiten, wenn sie auf überfüllte Boote treffen? Sollen diese „Boatpeople“ aufgefordert werden zurückzukehren? – Was, wenn sie dem Befehl nicht folgen (können)? Versenken? Zum Kentern bringen? Welche Anweisung bekommt der Kommandeur?

Wir meinen: Das ist keine gute Lösung in der Flüchtlingsproblematik!

Wir wollen kein Europa, das sich gegen wehrlose Frauen und Kinder in dieser Weise „schützt“! Denn diese Art von „Außengrenz-Schutz“ bedroht nicht nur die Flüchtlinge, sie verletzt auch unsere Menschlichkeit und Würde. Wer will in einem Europa leben, das Menschen in großer Not zu einem Feindbild erhebt und ertrinken lässt?

Die „Anker-Zentren“ in Deutschland und die „Auffanglager“ in südeuropäischen Staaten setzen ebenfalls Menschenrechte außer Kraft! Niemand darf wegen seiner Herkunft festgesetzt werden. Niemandem darf die Menschenwürde verletzt oder abgesprochen werden!

Wir sind davon überzeugt, dass ein enges Zusammenleben in einem Lager über Jahre hinweg die Persönlichkeitsrechte einschränkt. Keins der Lager wird dem Anspruch der allgemeinen Menschrechte gerecht. Auch in dem vorgestelltem „Masterplan“ erkennen wir keine ernstgemeinten und realistischen Lösungsansätze.

Für die Menschen, die bei uns und in der EU Schutz suchen, muss sichergestellt sein, dass sie sich selbstständig versorgen können durch eine Arbeitserlaubnis. Sie dürfen nicht zu unmündigen Almosenempfängern gemacht werden.

Wie soll eine „Abschreckung“ von Flüchtlingen und potentiellen Asylbewerbern in den Ankerzentren und sonstigen Einrichtungen aussehen? Sollen die Verhältnisse der Lager in Libyen noch getoppt werden?

Wir wollen kein Europa oder Deutschland, in dem der Staat glaubt, dafür sorgen zu müssen, dass seine Bürger vor fremdaussehenden Menschen bewahrt werden. Wir erwarten von einer Regierung in Deutschland, dass sie nicht einknickt vor Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsradikalismus, deren dumpfer „Nationalstolz“ nach „Sicherheit und bewahrtem Deutschtum“ und gegen eine „Überfremdung der Heimat“ brüllt.

Wir wollen ein Deutschland, das auch nicht vom Geld regiert wird, sondern eine unabhängige Regierung, die sich den Menschenrechten und der Verfassung verpflichtet weiß und nicht vor den nächsten Wahlen zittert.

Folgende Vorschläge machen wir aus unserer Erfahrung in der „Flüchtlingsarbeit“:

Wo viele Menschen auf engem Raum (Lager) zusammenleben müssen, hat es sich bewährt, wenn…

  • ein Zusammenziehen in den Räumen möglichst frei gewählt werden kann.
  • die gewohnte Kost selbst hergestellt wird – kein Kochverbot!
  • die Mindeststandards zum Schutz von Kindern, Jugendlichen und Frauen in Flüchtlingsunterkünften eingehalten und verbindlich vorgeschrieben werden. (Siehe BMFSFJ +UNICEF 2016)
  • alle Männer die Möglichkeit bekommen, Sport zu treiben, sich fit zu halten oder unter Anleitung eine Sportart erlernen können. (z.B. Schwimmen)

Das „Arbeitsverbot“ ist sofort aufzuheben, denn kein Deutscher verliert seinen Arbeitsplatz wegen eines Flüchtlings. Das Arbeiten gemeinsam mit Deutschen erhöht die Motivation Deutsch zu lernen und ermöglicht es, die alltäglichen Gepflogenheiten und ungeschriebenen Gesetze kennen zu lernen. (z.B. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortung) Wir brauchen dringend Menschen, die bereit sind eine Ausbildung in Kranken- und Altenpflege zu machen.

Eigeninitiative und Kompetenzen der Flüchtlinge müssen mehr Gewicht bekommen als Bürokratie der Ämter. Jeder „Einzelfall“ soll auch gesondert beurteilt werden.

Was soll ein 63-Punkte-Plan, der vorgaukelt: Jetzt wird alles besser und schneller verwaltet, die Menschen werden Deutschland gleich wieder verlassen? Familien dürfen auch dann nicht auseinandergerissen werden, nur weil Kinder „volljährig“ geworden sind. Das Zusammenlegen von Ämtern und Behörden hat kein Asylverfahren beschleunigt.

Solange es keine geregelte und sichere Rückkehrmöglichkeit gibt, dürfen keine Maßnahmen angedroht werden, die einen Flüchtling zu einem illegalen Menschen machen. Auch diejenigen, die keinen Asylstatus bekommen können, müssen die Möglichkeit bekommen sich zu integrieren und gegebenenfalls ein Aufenthaltsrecht erhalten.

Unser Vertrauen in die Ehrenhaftigkeit der Regierung ist tief erschüttert. Die Unterstützer und ich wünschen, dass sachlich, vernünftig und rechtmäßig gehandelt wird und die wirklich großen gesellschaftlichen Herausforderungen endlich in Angriff genommen werden.

Wir wollen in Europa und explizit in Deutschland verantwortungsbewusste Politiker, die sich stark machen für eine Politik der Menschlichkeit auf der Grundlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Schrobenhausen, den 16. Juli 2018

Herwig Laabs

Unterstützer: Joachim Siegl für den Verein Offene Türen – internationaler Treff e.V.

PS: Wir unterstützen die zahlreichen Petitionen, die in die gleiche Richtung zielen.

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